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Der Pfahl – Ein geologisches Naturdenkmal im Bayerischen Wald (von Fritz A. Pfaffl)

Das Quarzgebilde „Pfahl“, das sich von Fürholz bei Freyung im Südosten
bis zur 150 km entfernten Burg Thierlstein bei Cham im Nordosten erstrecht
und fast schnurgerade die Mittelgebirgslandschaft durchquert, kann mit
Recht als das markanteste geologische Naturdenkmal des Bayerischen Waldes bezeichnet
werden.
Die Landschaft in der morphologisch ausgeprägten Pfahlsenke wird auch als „Innerer
Wald“ bezeichnet.

Bis 1918 war die Pfahlstörungslinie auch die geographische
Begrenzung zum Böhmerwald, für dessen bayerischen Anteil sich in der Folgezeit
im politisch-ökonomischen Sprachgebrauch, im Gegensatz zur wissenschaftlichen
Geographie, der Name Bayerischer Wald eingebürgert hat.
Der Pfahl zeigt sich bei Fürholz, Freyung, Weißenstein, Viechtach
und Moosbach in Gestalt einer gezackten Felsenmauer, auf deren höchsten Erhebungen
Burgen und Burgruinen aufragen. Morphologisch gesehen ist der Pfahl ein Härtling.
Der Quarz hebt sich aufgrund seiner schweren Verwitterbarkeit über seine
leichter zersetzbaren Begleitgesteine, den Pfahlschiefer, ab.

Der Name
Die Herkunft des Namens „Pfahl“ hat schon verschiedene
Deutungen gefunden, von denen die von Karl Burger (1950) wohl die zutreffendste
sein dürfte. Er führt den Namen auf das lateinische Wort „pallidus“ = bleich
oder fahl zurück, was die helle Quarzfarbe bezeichnet und im Sprachgebrauch
zu „Pfahl“ geworden ist. Diese Benennung dürfte von Benediktiner-Mönchen
des Klosters Windberg stammen, die in der Viechtacher Gegend Land rodeten.
Dieses Kloster hatte Besitzungen im Gebiet um Viechtach, wo sich die
imposantesten Pfahlpartien  befinden.

Der Pfahl durchzieht den Inneren Wald vom Steinbühl beim Dorf Fürholz im
Südosten über den Schlossberg von Wolfstein bei Freyung, Grafenau, den alten
Quarzgruben von Trametsried bei Kirchdorf im Wald, das Pfahlholz bei Großloitzenried, Weißenstein
bei Regen
, den Quarzbrüchen zwischen March und Patersdorf, dem Hofpfahl
am Ayrhof, dem Antoniuspfahl und dem Großen Pfahl bei Viechtach, dem Pfahl
bei Moosbach und Altrandsberg, südlich von Miltach und Zandt bis zu den Quarzbrüchen
an der B 85 bei Thierlstein am Anfang der Bodenwöhrer Bucht.

Nicht überall
in der Pfahllinie ist der aufbauende Quarz sichtbar, nach Nordosten zieht
sich diese Linie durch die Talweitung südlich des Dreisesselmassivs durch
das oberösterreichische Mühlviertel bis nach Linz an der Donau, wo sie durch
die gleichartige Rodelstörung abgeschnitten wird. Im Nordwesten befinden
sich die Pfahlausläufer an der Naab bei Schwarzenfeld in der Oberpfalz.

Die schönsten Partien des Pfahls befinden sich in Weißenstein bei
der Stadt Regen und bei Viechtach; sie verleihen diesen Landschaftsteilen
einen besonderen Reiz und ein einzigartiges Gepräge.
Von der Quarzmasse der heute noch aus dem Untergrund aufragenden Felsentürme
sind nach Untersuchungen des Verfassers nur noch ca. 50 % an Ort und Stelle.
Durch Frostabsprengung stürzten große Mengen Quarzbrocken beidseitig ab,
wurden in die lehmigen Böden eingebettet und wanderten so hangabwärts den
Talniederungen zu.

Der „Bayerische Pfahl“, wie der in der Geologie zur Unterscheidung
vom „Böhmischen Pfahl“, der sich von der Ortschaft Haus bei Kötzting aus über
Furth im Wald nach Ronsperg im nördlichen Böhmerwald und weiter bis ins Egerland
erstreckt, ist nicht die einzige Pfahlbildung im Bayerischen Wald. Der „Aicha-Halser
Nebenpfahl“ bei Passau mit seinen leicht verwitterbaren Pfahlbegleitgesteinen
ermöglicht der Donau ab Passau den Durchfluss nach Engelhartszell. An der
Burgruine Hals bei Passau zwingt die 15 m breite Quarzmauer die Ilz zu
einer landschaftlich reizvollen Doppelschleife. Auch der Verlauf des
Zellertales zwischen Bodenmais und Kötzting wird durch einen zum Bayrischen
Pfahl bestimmt, dessen höchste Quarztürme in Rappendorf und bei Leckern leider
schon der wirtschaftlichen Nutzung zum Opfer fielen. Der „Konzeller Pfahl“  zählt
neben den Pfahlquarzgängen von Frauenau und Lindberg zu den vielen kleinen
Pfahlquarzpartien im Bayerischen Wald.
Klicken Sie bitte hier um eine
Skizze des Pfahlverlaufs anzuzeigen

Die Bayerwald-Pfähle können eine Mächtigkeit

von wenigen Metern bis zu 100 Metern erreichen.

Wie entstand der Pfahl?
In der ersten geologischen Karte Altbayerns von
Mathias Flurl (1792) ist der Pfahl noch nicht eingezeichnet. Flurl war
Direktor der kurfürstlichen Bergbaubehörde in München und interessierte sich in erster
Linie für edelmetallhaltige Lagerstätten. Mit der Frage nach der Entstehung
des Pfahlquarzes befasste sich 1868 als erster Carl Wilhelm Gümbel als Leiter
der geognostischen Landesaufnahme. Auf Grund des schiefrigen Baus der Quarzmassen
und besonders der begleitenden Pfahlschiefer hielt er den Pfahl für eine
Meeresablagerung. Lehmann (1884) erkannte dagegen schon, dass die Pfahlschiefer
Produkte regionaler Metamorphose sind. Er deutete den Pfahlquarz als Kieselsäure,
die ursprünglich aus den Pfahlschiefern stammt. Weber (1910) sah im Pfahlquarz
eine schmelzflüssige Kieselsäure-Injektion aus dem glutflüssigen Magma der
Erdtiefe. Der erste Beweis für die hydrothermale Entstehung des Pfahls wurde
von Ochotzky & Sandkühler (1914/1915) erbracht. Hegemann (1936) konnte
im Quarz Spuren von Bleiglanz, Schwefelkies, Kupferkies, Scherspat und Flussspat
nachweisen, so dass damit seine hydrothermale Deutung als gesichert erscheint
(Bülte & Hofmann 1986). Nach seiner Ansicht ist der Quarz die Ausfüllung
einer großen Verwerfungsspalte. Nach den Untersuchungen von Hofmann (1962)
füllt der Pfahlquarz keine alte Verwerfungsspalte in der Erdkruste, sondern
in der Hauptsache ein Fieder- und Scherspaltensystem, das vor rund 220 Millionen
Jahren in der Erdepoche des Oberperm die Hauptfüllung bekam. Der Pfahl bildet
also keine lang durchhaltende, zusammenhängende Quarzmauer, wie häufig noch
in älteren geologischen Karten dargestellt, sondern vielmehr eine Folge absetzender
und fiederartig gegeneinander verstellter Gänge. Bei den quarzfreien Stellen
konnten die Wasserläufe die Pfahlzone durchbrechen. Der Pfahl erstreckt sich
70° geneigt in die Erdtiefe – wie tief, das ist noch durch keine Bohrung
ermittelt worden.

Eine chemische Analyse des Pfahlquarzes ergab im Mittel:
98% SiO2,  1
% Fe2O3 ,  0,35 % Al2O3 und
0,65 % CaO (Hegemann 1936)
Wegen des Eisengehaltes wurde der Pfahlquarz von den Glasfabriken
im Bayer- und Böhmerwald nur in Ausnahmefällen verwendet.

 

Die wirtschaftliche
Nutzung
Die quarzgefüllten Teile der Pfahlzone wurden schon
früh zur Gewinnung von Straßen- und Wegeschotter teilweise abgebaut. Heute
ist der Pfahlquarz zu einem gesuchten Rohstoff für chemische Industrie geworden.
Von der eisen- und stahlhärtenden Industrie wird er ebenfalls verwendet.
Er dient auch als Füllmaterial für Schwefelsäuretürme und zur Auskleidung
von Elektroschmelzöfen. Außerdem stellen die chemischen Werke Burghausen
aus Pfahlquarz Reinsilizium zur Erzeugung von Mikrochips für die Computertechnik
und Sonnenkollektoren zur Stromerzeugung her.

Die dem Inneren Wald so viel landschaftlichen Reiz verleihenden und
mit Kümmerlichen Birken und Föhren sowie mit Moosen und gelbgrün leuchtenden
Flechten bewachsenen Quarzfelsen des Pfahls waren früher auf weite Strecken
vom industriellen Abbau bedroht. Auch die Partien bei Viechtach und in Weißenstein
wollte man absprengen. Langgestreckte Gruben zeugen überall von dieser
Hochkonjunktur des Quarzbergbaues im Bayerischen Wald.

Heimatbegeisterte Persönlichkeiten wie der Viechtacher
Apotheker Karl Gareis und der Kaufmann Karl Lankes (1933), der Landschaftsökologe
und Bodenkundler Georg Priehäuser in Zwiesel (1959) und der baltendeutsche
Dichter Siegfried von Vegesack auf der Burg Weißenstein haben es zuwege gebracht,
dass die schönsten Pfahlpartien frühzeitig unter strengen Naturschutz gestellt
wurden. An benachbarten Pfahlabschnitten bei March ist leider auch heute
noch ein sehr intensiver Quarzabbau von der Staatsregierung zugelassen, der
nach Ansicht des Verfassers nicht mehr ausgeweitet werden sollte.

Für den Wanderer und Naturfreund wurde vor einigen Jahren, von Thierlstein
bei Cham ausgehend, immer auf dem Pfahlrücken verlaufend, ein „Pfahlwanderweg“ bis
zur Burgruine Weißenstein geschaffen. Wer diesen Weg entlang wandert, wird
sich bewusst, dass Erdgeschichte und Landschaft rund um den Quarzpfahl sehr
ansprechend wirken, ebenso wie das herbstlich getönte Farbenkleid der Vegetation
auf den bizarren Felsentürmen, und möchte von nun an zu den begeisterten
Freunden und Schützern des Pfahls gehören.

© Fritz A. Pfaffl

Die Freunde der Burganlage Weißenstein e.V. bedanken sich sehr herzlich bei Herrn Pfaffl
für die Bereitstellung dieser Ausarbeitung, sowie des Bildmateriales.


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